Anton Bruckner, der große oberösterreichische Musiker und Komponist feiert heuer seinen 200. Geburtstag.
Wir sind in unserem Ort Eggendorf 7 Künstler die sich als Gruppe gefunden hat. Diese Künstlergruppe hat den Namen: 7:Kunst:Eggendorf. Wir beschäftigen uns seit einem Jahr künstlerisch mit Anton Bruckner. Viele Projekte sind in dieser Zeit entstanden. Ein Projekt von mir entstand ganz spontan, es ist die Geschichte von Anton Bruckner und meiner Urgroßmutter Berta Klemme.
Musik verbindet. Wie das Schicksal uns vereint.

Ich, Andrea Henriette Felber, fahre im Zug nach Wien. Ich schlage die Kirchenzeitung auf, beginne zu lesen und entdecke einen Bericht über Anton Bruckner.  Ich studiere den Zeitungsbericht mit großem Interesse. Anton Bruckner, so ist zu lesen, lebte in seiner Wiener Zeit in der Heßgasse 7. Nur eine Gasse trennte seine Wohnung vom 1874 eröffneten Ringtheater im ersten Bezirk. Am Abend des 8. Dezember 1881 ist Bruckner auf dem Heimweg von der Votivkirche. Schon von weitem sieht er Flammen zum Himmel lodern, die Luft ist rauchgeschwängert. Das Theater brennt lichterloh. Nur mit Müh und Not kann er sich den Weg durch die vielen Schaulustigen und die Absperrungen bahnen. Ihn treibt die Angst um seine Partituren und Notizen an. Im letzten Moment kann er sie aus seiner Wohnung retten, die Fensterläden sind bereits schwarz angesengt. Doch es hätte schlimmer kommen können: Eigentlich hatte der Maestro an diesem Abend selbst das Theater besuchen wollen, man gab „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach. Doch Bruckner missfiel die Programmwahl und er überlegte es sich anders.

 

Der Brand des Wiener Ringtheaters war einer der furchtbarsten und folgenschwersten Brände im Europa des 19. Jahrhunderts. Fast 400 Menschen – andere Quellen gehen von mehr als doppelt so vielen aus – fanden damals den Tod. Ausgelöst wurde das Unglück durch eine Gasexplosion beim Entzünden der Beleuchtung. Und durch eine Verkettung unglücklicher Umstände und Nachlässigkeiten: Die Drahtkurtine – der Vorläufer des später verpflichtenden Eisernen Vorhangs – wurde nicht geschlossen und der Brandmelder nicht betätigt, das Publikum war ahnungslos. Dekorationsstücke fingen Feuer, der Brand breitete sich bis zum Schnürboden aus. Das Licht fiel aus, eine Notbeleuchtung gab es nicht. Das Personal versuchte noch zu löschen, musste aber aufgeben und flüchtete durch einen Hinterausgang. Die einströmende Luft steigerte den Brand zu einem wahren Feuersturm, bald stand der ganze Zuschauerraum in Flammen. In der Finsternis brach Panik aus; speziell von den oberen Rängen erreichten nur wenige Menschen den rettenden Ausgang.

 Zurück von meinem Ausflug nach Wien erzähle ich meiner Mutter die Geschichte von Anton Bruckner und dem Brand.  Sie erzählte mir von meiner Urgroßmutter Berta Klemme, geboren und aufgewachsen Wien. Auch sie hatte an diesem schicksalhaften Dezemberabend des Jahres 1881 geplant, Offenbachs Oper zu besuchen. Aber, lassen wir sie selbst erzählen…

Ich heiße Berta Klemme und bin am 26. Dezember 1866 in Wien geboren. Aufgewachsen bin ich in der Aegidigasse in Wien. Es gibt nicht viele Fotos von mir, auf diesem hier bin ich ca. 20 Jahre alt. Ich liebe die klassische Musik und die Oper. Mit meiner Schwester Anna schaue ich mir demnächst Hoffmanns Erzählungen im Ringtheater am Schottenring an. Ich bin ja noch nicht einmal 15 Jahre alt und darf noch nicht alleine ausgehen. Jedes Mal, wenn ich am Theater vorbeigehe, bin ich ganz fasziniert von diesem erhabenen Bauwerk. Man sagt, dass 1700 Menschen darin Platz haben. Und Anna und ich werden dazugehören, sie braucht nur noch die Karten besorgen…

 Doch Anna trödelt und kümmert sich erst kurz vor dem geplanten Termin um die Karten. Als sie endlich vor der Kasse steht, heißt es „Ausverkauft!“. Als sie Berta ihr Versäumnis beichtet, ist diese verärgert. Dass sie dadurch ihrer beider Leben rettet, weiß sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. In den für das gemeine Volk vorgesehenen Rängen 4 und 5 gab es ja kaum ein Entkommen.

 Und damit wären wir bei der Frage nach dem „Was wäre, wenn?“. Was wäre, wenn meine Urgroßmutter ins Theater gegangen wäre? Ich wäre vermutlich nicht hier, um diese Geschichte zu erzählen.

Um diese Geschichte festzuhalten und den Besuchern im Ort näher zu bringen gestaltete ich zwei alte Fenster, eines davon ist beim Dorfbrunnen und das zweite bei uns im Garten zu sehen.

Auch einen Folder zum Mitnehmen, in dem alles genau zu lesen ist,  habe ich gestaltet.
Die größte Herausforderung für mich war eine Schrift zu finden, die in diese Zeit passt,
aber trotzdem modern, lesbar und meiner Handschrift entsprechend ist.

Eine große Hilfe dabei war der noch vorhandene Taufschein meiner Urgroßmutter.
So orientierte ich mich an der Schrift des Scheibers, der den Taufschein seinerzeit ausstellte.
Es gab auch noch ein Foto von meiner Urgroßmutter welches ich für die Präsentation verwendete.
Text und Foto für die Fenster gestaltete ich am Computer und diese wurden auf Platten gedruckt und in die Fensteröffnungen eingefügt. Die alten Fenster von Bauernhof habe ich renoviert.

Durch Anton Bruckner wurde meine Urgroßmutter Berta Klemme für michwieder sichtbar. 106 Jahre wurde über sie fast nie gesprochen.Jetzt ist sie da, präsent wie nie zu vor. Und sie wird mich auf meinem weiteren Lebensweg begleiten. Ich bin dankbar, dass ich die Lebensgeschichte meiner Urgroßmutter erzählen kann.